
Genossenschaften im Land: Vorfreude auf Weinjahrgang 2025
Die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften in Baden-Württemberg erwarten einen soliden und qualitativ vielversprechenden Weinjahrgang 2025. In den Genossenschaften werden bei der seit August laufenden Lese exzellente Qualitäten angeliefert.
Die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften in Baden-Württemberg erwarten einen soliden und qualitativ vielversprechenden Weinjahrgang 2025. „Die in den Genossenschaften angelieferten Qualitäten sind exzellent. Die Trauben sind topp gesund und verfügen über eine sehr gute Aromareife. Die Vorfreude auf die Genossenschaftsweine 2025 ist groß“, betont Dr. Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), anlässlich der Pressekonferenz zum genossenschaftlichen Weinherbst Baden-Württemberg. In den Räumlichkeiten der Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg erklärt er: „Der Vegetationsverlauf in den Anbaugebieten Baden und Württemberg war in diesem Jahr im Wesentlichen positiv. Die Reben konnten sich gut entwickeln, der Infektionsdruck war gering und nach Trockenperioden im Frühjahr und im Sommer kam zumeist auch immer noch rechtzeitig Niederschlag. Wo es eng wurde mit der Wasserversorgung haben die Winzer und Weingärtner gezielt Anlagen bewässert, um Trockenstress zu verhindern. Die sonnenreichen Tage vor Lesebeginn waren ein idealer Booster für das Aroma.“
Fokus liegt auf Qualität
Leichte Abstriche müssen die Genossenschaften durch die Trockenphasen im Sommer bei den Erträgen machen. Wichtig war jedoch in diesem Vegetationsjahr: Nach den teils starken Unwetter- und Frostschäden im vergangenen Jahr blieben die Winzer und Weingärtner in Baden-Württemberg bis auf einzelne lokale Starkregen- und Hagelereignisse von größeren Unwetterschäden verschont.
Die Weinlese startete aufgrund der optimalen Reifebedingungen im August in einigen Lagen eine Woche früher als üblich. In Baden ist die Lese bereits in den letzten Zügen. Die Hauptrebsorten Müller-Thurgau, Grau- und Weißburgunder sowie Spätburgunder sind bereits weitestgehend im Keller. Lediglich die Premiumweine sind noch zu lesen. In Württemberg startete die Lese Mitte August mit Federweißer und Sektgrundwein. Seit zwei Wochen herrscht in den Weinbergen Hochbetrieb bei der Ernte von zuerst den Frühsorten wie Müller-Thurgau und Burgunder und nun Trollinger, Riesling und Lemberger. Die Niederschläge der vergangenen drei Wochen haben in Kombination mit warmen Temperaturen den Lesedruck in den Weinbergen erhöht. Theileis: „Unsere Weingärtner und Winzer beobachten engmaschig den Verlauf der Reben, um die bestmögliche Qualität einlagern zu können. In den Weinbergen wird großartige und hochprofessionelle Arbeit geleistet.“ Dabei achten die Winzer und Weingärtner in erster Linie auf hochwertiges und reifes Traubenmaterial. Die Mostgewichte bewegen sich in diesem Jahr auf gutem durchschnittlichem Niveau. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen aromastarke Weine mit moderatem Alkoholgehalt. Darauf haben sich die Genossenschaften eingestellt“, so Theileis.
Mostgewichte durchschnittlich
Die durchschnittlichen Mostgewichte in Baden lagen bei Müller-Thurgau bei 80 Grad Oechsle, bei Weißburgunder und Grauburgunder zwischen 88 und 90 Grad Oechsle. Die badischen Spätburgunder liegen im Schnitt bei rund 92 Grad Oechsle.
Im Anbaugebiet Württemberg sehen die durchschnittlichen Mostgewichte bei den Hauptsorten wie folgt aus: Riesling 83 Grad Oechsle, Schwarzriesling 82 Grad Oechsle, Trollinger 77 Grad Oechsle und Lemberger 87 Grad Oechsle.
Winzer unter massivem Druck
So gut die eingelagerte Qualität des Jahrgangs ist, so prekär ist die wirtschaftliche Situation der Weinbranche. „Die Winzer und Weingärtner sowie die Genossenschaften sehen sich einem vierfachen Druck ausgesetzt: einem Kosten-, Wettbewerbs-, Absatz- und Preisdruck“, stellt Theileis heraus. Die Produktionskosten steigen kontinuierlich, ein globales Weinangebot trifft auf einen rückläufigen Weinkonsum – und im Zuge dessen sinken die Preise. Gleichzeitig werden die neuen US-Zölle in Höhe von 15 Prozent den Genossenschaften die Exportmöglichkeiten und die Absatzmöglichkeiten auf dem wichtigen amerikanischen Markt erschweren. Da dies auch viele andere Weinbauregionen der Welt betrifft, erwartet der BWGV steigende Importe nach Deutschland.
Umsätze sinken
Dies drückt sich auch in den Absatz- und Umsatzzahlen der baden-württembergischen Winzer- und Weingärtnergenossenschaften aus. Der Absatz im ersten Halbjahr 2025 lag mit 64,2 Millionen Liter Wein und Sekt 4,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (61,5 Millionen Liter). Gleichzeitig sank der Umsatz von Januar bis Juni 2025 um 6,5 Prozent auf 189,5 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum: 202,7 Millionen Euro). Ein ähnliches Bild zeigt die Geisenheimer Absatzanalyse national. In der Gesamtentwicklung über alle Betriebsformen wird ein Absatzrückgang von 2 Prozent und ein Umsatzrückgang von 5 Prozent ausgewiesen. Bei den Genossenschaften sind insbesondere der Lebensmittelhandel (-9 Prozent) und der Fachhandel (-9 Prozent) von den Umsatzrückgängen betroffen.
Im Gesamtjahr 2024 haben die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften aus Baden und Württemberg zusammen 128,4 Millionen Liter Wein und Sekt verkauft (Vorjahr: 130,7 Millionen Euro) ein Rückgang von 1,8 Prozent. Der Umsatz sank um 2,6 Prozent auf 410,9 Millionen Euro (Vorjahr: 422 Millionen Euro).
Unterteilt in Baden und Württemberg: In Baden wurden 2024 79,3 Millionen Liter abgesetzt, 1,9 Prozent mehr als 2023 (77,8 Millionen Liter). Der Umsatz stieg leicht um 0,6 Prozent auf 246,6 Millionen Euro (2023: 245,2 Millionen Euro).
In Württemberg betrug 2024 die Absatzmenge 49,1 Millionen Liter – 7,2 Prozent weniger als 2023 (52,9 Millionen Liter). Der Umsatz verringerte sich 2024 um 7,1 Prozent auf 164,3 Millionen Euro (2023: 176,8 Millionen Euro).
Theileis: „Der Trend ist deutlich zu erkennen: Die Umsätze sinken proportional stärker als die Menge. Die Genossenschaften bekommen für ihren exzellenten Wein immer weniger, und dies trotz höherer Kosten.“ Man dürfe die Augen nicht davor verschließen, dass sich die Weinbranche weltweit in einer wirtschaftlichen Krise befinde. Die baden-württembergischen Betriebe stellt dies vor teils existenzielle Herausforderungen. Theileis: „Es braucht ein umfangreiches Paket mit sowohl kurzfristig wirkenden Maßnahmen als auch Weichenstellungen, um langfristig eine Trendwende zu bewirken. Hier ist sowohl die Politik als auch die Branche selbst gefordert. Wir dürfen uns nicht länger im Klein-Klein verlieren. Strukturelle Einschnitte und eine klare Zukunftsstrategie sind unerlässlich.“ Der BWGV verstehe sich als konstruktiver Partner, der gemeinsam mit der Politik und der Branche an tragfähigen Lösungen arbeitet.
Strukturwandel aktiv gestalten
Dabei fordert der BWGV auch die baden-württembergische Landespolitik zum Handeln auf: Sie müsse durch gezielte Förderprogramme Kooperationen, Fusionen, Flächenanpassungen und Rückbauprozesse bei den Weinerzeugern unterstützen. „Wir müssen den Strukturwandel entlang der Wertschöpfungskette aktiv und konstruktiv gestalten und dabei die Zukunftsfähigkeit der Betriebe im Blick behalten“, macht Theileis deutlich. Dazu gehöre beispielsweise, den „freiwilligen Flächentausch“ zu fördern, um Kerngebiete zu erhalten. Des Weiteren plädiert der BWGV für konzertierte Maßnahmen, das Produktionspotenzial in Baden-Württemberg zu reduzieren. Hier bedarf es kurzfristiger Instrumente wie die Rotationsbrache (zeitweise geförderte Stilllegungen von Rebflächen mit der Gegenleistung von Umweltmaßnahmen) zur Marktentlastung und perspektivisch eine Rodungsprämie für den sozialverträglichen Ausstieg aus dem Weinbau. Theileis: „Es gehört zum Wesen unserer Genossenschaften, sich Herausforderungen zu stellen und pragmatisch und positiv nach Lösungen zu suchen. Genossenschaften jammern nicht, sondern packen an. Gerade das kooperative Wirtschaften bietet viele Möglichkeiten, um die aktuelle Krise zu managen.“ Diese Forderungen wurden mit Blick auf die Landtagswahl 2026 klar an die Politik adressiert.
Landesweite Herkunftskampagne
Um den Absatz von Weinen aus Baden-Württemberg zu erhöhen, spricht sich Theileis in Anlehnung an den Strategiedialog Landwirtschaft für eine landesweite Herkunftskampagne unter dem Dach von Baden-Württemberg aus. „Unsere Genossenschaftsweine aus den Anbaugebieten Baden und Württemberg sind etablierte und renommierte Marken. Diese gilt es weiter zu stärken und die regionale Vielfalt unserer Weine im Land zu betonen. Dies zahlt auch in viele weitere Branchen ein – etwa in die Gastronomie und den Tourismus. So können Kräfte gebündelt werden und ganzheitliche Konzepte entstehen“, sagt Theileis.
In diesem Zusammenhang sei es auch wichtig, dass die Branche ihre immer knapper werdenden finanziellen Mittel möglichst effizient für die Absatzförderung und das Marketing am Point of Sale einsetzen kann. „Jeder Euro, der in überbordende Bürokratie gesteckt werden muss, schmerzt“, so Theileis.
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Gleichzeitig müsse die Landes- und Bundespolitik alles daransetzen, die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Weine gegenüber internationaler Konkurrenz zu verbessern. „Unsere Weine aus Baden-Württemberg stehen im direkten Konkurrenzkampf um Regalflächen im Supermarkt mit Weinen aus der ganzen Welt – und dies in einem sehr preissensiblen Marktumfeld. Gleichzeitig sind die deutschen Weinerzeuger mit ungleich höheren Sozial- und Umweltstandards konfrontiert als ihre internationalen Mitbewerber. Hier braucht es ein entschiedenes Entgegensteuern der Politik“, fordert Theileis. Neben einer spürbaren Bürokratieentlastung für die Weingärtner und Winzer sowie die Genossenschaften fordert er entlastende Maßnahmen bei der Sozialversicherungsfreiheit der Saisonarbeitskräfte sowie der Pflanzenschutzanwendungsverordnung.
Mindestlohn und Pflanzenschutz
„Gerade im handarbeitsintensiven Weinbau ist der Mindestlohn ein großer Faktor. Durch die Anhebung wird die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Erzeugerinnen und Erzeuger noch weiter eingeschränkt. Viele Betriebe können die damit verbundenen steigenden Kosten nicht kompensieren“, stellt Theileis heraus. Und mit Blick auf die Verfügbarkeit von wirksamen Pflanzenschutzmitteln sagt der BWGV-Präsident: „Seit Jahren verlieren immer mehr Pflanzenschutzmittel die Zulassung. Gleichzeitig werden aufgrund hoher Auflagen immer weniger Pflanzenschutzmittel neu zugelassen. Ein wirkungsvoller und effizienter Pflanzenschutz, ganz gleich ob im ökologischen oder integrierten Weinbau, ist aber gerade in Zeiten klimatischer Veränderungen und Wetterextremen essenziell, um Erträge und Qualitäten zu sichern.“ Daher brauche es schnellere Zulassungsverfahren – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund neuer Schaderreger, für die oftmals noch keine Wirkstoffe zur Verfügung stehen. Beispiele seien aktuell die amerikanische Rebzikade oder der Japankäfer.
Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg
Sehr zufrieden mit der angelieferten Traubenqualität ist die Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg. „Qualitativ erwarten wir einen großartigen Weinjahrgang“, betont Geschäftsführer Christian Gehring. Die rund 300 Winzerfamilien der Genossenschaft bewirtschaften etwa 200 Hektar Rebflächen und können nach massiven Schäden und Ausfällen im Vorjahr auf ein gutes Vegetationsjahr blicken. „Unsere Winzerinnen und Winzer haben tolle Arbeit in den Weinbergen geleistet und geben aktuell alles, um aus den guten Voraussetzungen die höchstmögliche Qualität herauszuholen“, macht Gehring deutlich.
Mit 40 Prozent der Fläche und des Ertrags stellt Spätburgunder die Hauptsorte bei der Weinmanufaktur, gefolgt von Müller-Thurgau (mehr als 20 Prozent) sowie den weißen Burgundersorten und Riesling (gemeinsam ebenfalls mehr als 20 Prozent). Auf knapp sieben Hektar (3 Prozent der Gesamtfläche) bauen die Genossenschaftswinzerinnen und -winzer pilzwiderstandsfähige Sorten an – sogenannte PIWIs. Regent, Satin Noir, Sauvitage und Souvignier Gris finden sich in den Weinbergen rund um Gengenbach und Offenburg.
Moderne Anlage für Traubenannahme
Ohnehin stehen bei der Genossenschaft die Zeichen auf Fortschritt und Zukunftsfähigkeit: In diesem Jahr kommt erstmalig eine neue Anlage für eine automatisierte Traubenannahme zum Einsatz, die ohne Papier und Zettelwirtschaft auskommt. Die Kommunikation zwischen den Winzern und dem Keller erfolgt digital über eine App. Hierüber erhält der Winzer die Informationen über die Traubenannahme, kann sich ein Zeitfenster zur Anlieferung buchen und stellt selbst vorab die Daten zu seiner Lieferung bereit. Über RFID-Chips wird dann der Behälter dem Winzer zugeordnet und die Erfassung kann vollautomatisch erfolgen. Damit werden lange Wartezeiten vermieden und der gesamte Prozess geht schneller, fehlerfreier und mit weniger Personaleinsatz. „Gerade in Zeiten, in denen witterungsbedingt hoher Lesedruck besteht, ist dies ein großer Vorteil und trägt zur Qualität bei. Dank der neuen Anlage und den digitalen Prozessen können wir nun bis zu 30 Tonnen Trauben pro Stunde annehmen – doppelt soviel wie bisher“, erklärt Gehring.
Beste Winzerkooperative
Die damit verbundene Investition in Höhe von rund 1,25 Millionen Euro hat die Genossenschaft mit ihren Mitgliedern im Vorfeld besprochen. „Das Wir ist unsere Stärke. Unsere Mitglieder müssen den Kurs ihrer Genossenschaft mitbestimmen können. Dies ist umso wichtiger, da wir eine junge Generation an Winzerinnen und Winzern haben, die Verantwortung übernimmt und Weinbau mit Leidenschaft betreibt“, so Gehring. Seit Jahren verfolgt die Winzergenossenschaft aktive Nachwuchsförderung, auch im Vorstand wurde ein geplanter Generationenwechsel mit gutem Übergang vollzogen. Gehring: „Daher ist es wichtig, dass unsere Kooperative leistungsfähig aufgestellt ist und wir Zukunftsperspektiven für unsere Mitglieder bieten.“ Diese seit Jahren verfolgte und erfolgreiche Strategie findet starke Beachtung: Das Fachmagazin Weinwelt hat die Weinmanufaktur zur besten Winzerkooperative in Baden und auf den zweiten Platz deutschlandweit gewählt. Weltweit wurde die Weinmanufaktur als viertbeste Kooperative ausgezeichnet.
Zur Zukunftsausrichtung gehört in Gengenbach auch ein starker Fokus auf Nachhaltigkeit: ökologisch und ökonomisch. Die gesamte Produktion der Weinmanufaktur ist seit diesem Weinherbst komplett CO2-neutral. Ein Großteil des benötigten Stroms und der Wärme wird über eigene PV-Anlagen beziehungsweise eine Hackschnitzel-Anlage erzeugt. Und auch wirtschaftlich ist die Genossenschaft solide aufgestellt. „Mit gut sechs Millionen Euro erwarten wir in diesem Jahr erneut einen Umsatz auf dem Niveau der beiden Vorjahre“, betont Geschäftsführer Gehring und fasst zusammen: „In einem ungemein schwierigen Umfeld ist unsere Genossenschaft gut aufgestellt: Wir haben engagierte Winzerinnen und Winzer, großartige Mitarbeitende und moderne Technik. So können wir die Herausforderungen anpacken und mit Qualität überzeugen.“

Behind the scenes: Die Pressekonferenz fand dieses Jahr in hybrider Form statt.



