
Zwischen Magneten und Kläranlagen
Drei Unternehmen, drei starke Ideen: Beim VR-Innovations-Award 2025 wurden MIMplus, Variolytics und WMM Modulbau für wegweisende Lösungen in Technologie, Umwelt und Wohnbau ausgezeichnet.
Die MIMplus Technologies GmbH & Co. KG aus Ispringen (Enzkreis), die Variolytics GmbH aus Stuttgart sowie die WMM Modulbau GmbH aus Mindelheim (Landkreis Unterallgäu) sind die Preisträger beim VR-Innovations-Award 2025. Dr. Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), überreichte die mit jeweils 25.000 Euro dotierten Preise am heutigen Donnerstag (10. Juli) im Rahmen des VR-Innovations-Kongresses im Baden-Badener Festspielhaus. Der von den Volksbanken und Raiffeisenbanken im Land vergebene VR-Innovations-Award zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftspreisen im Südwesten. Er wird dieses Jahr zum 25. Mal verliehen.
„Am Anfang einer jeden Innovation stehen Kreativität und Mut. Innovation ist nicht nur eine Frage der Technologie, sondern vor allem das Ergebnis von Ideen und der Entschlossenheit, diese umzusetzen“, stellte Theileis heraus. Er machte deutlich: „Es ist der Mittelstand, der Herausforderungen als Chancen begreift und mit Pragmatismus und Know-how anpackt.“ Für Innovationen brauche es Menschen, die an sie glauben – bei der Entwicklung, der Umsetzung und ebenso auch bei der Finanzierung. Theileis: „Unsere ebenfalls mittelständisch geprägten Volksbanken und Raiffeisenbanken tragen maßgeblich dazu bei, mittelständische Unternehmen und deren besondere Innovationskultur zu fördern. Dies ist Ausdruck von gegenseitigem Vertrauen und echter Partnerschaft. In Baden-Württemberg summierten sich 2024 die von unseren Genossenschaftsbanken an Unternehmen und Selbstständige ausgegebenen Kredite auf rund 57 Milliarden Euro.“
Vor mehr als 1.000 mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Vertretern von Genossenschaftsbanken mahnte Theileis jedoch an, dass es spürbare politische Impulse für mehr Wirtschaftsfreundlichkeit in Deutschland brauche. „Unsere hiesige Wirtschaft befindet sich im dritten Jahr einer Stagnation. In Kombination mit einer starken generellen Unsicherheit, fehlender Planbarkeit und hohem Kostendruck hat sich der Mittelstand zuletzt merklich mit Investitionen zurückgehalten. Dies ist ein alarmierendes Signal. Wir brauchen dringend Investitionen in Transformation, Wachstum und Zukunftsfähigkeit.“
„Die Rolle des Mittelstands als Innovationstreiber ist und bleibt zentral für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, in ihrer Videobotschaft an die Gäste. Deshalb fördere ihr Haus die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Betriebe jährlich mit über 200 Millionen Euro. „Angesichts einer steigenden Entwicklungsgeschwindigkeit neuer Produkte und kürzerer Produktzyklen sind Innovationen mehr denn je Schlüssel für eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität. Gerade für unsere vielen kreativen und engagierten Köpfe im Mittelstand ist dies aber auch eine große Chance“, betonte die Ministerin. Auch die neue Bundesregierung könne jetzt die nötigen Rahmenbedingungen für einen innovativen Mittelstand schaffen – indem sie Belastungen durch Steuern und Abgaben senke und unnötige Bürokratie zurückdrehe.
Formkomplexe Hochleistungsmagnete aus Seltenen Erden
MIMplus Technologies kann als weltweit einziges Unternehmen Hochleistungs-Permanentmagnete aus Seltenen Erden in komplexen Formen im Metallspritzgussverfahren (englisch: Metal Injection Molding - MIM) herstellen und dabei sogar bis zu 99 Prozent Recycling-Material einsetzen. Dafür erhält es den Preis in der Kategorie Mittel- und Großunternehmen.
Leistungsstarke Permanentmagnete finden in vielen Bereichen Anwendung und sind das Herzstück zahlreicher Zukunftstechnologien, wie etwa der Elektromobilität, der Medizintechnik, der Konsumelektronik oder der Luft- und Raumfahrttechnik. Im Zuge dessen werden die Anforderungen an die Magnete immer größer: Es braucht immer komplexere Formen sowie kleinere und leistungsstärkere Permanentmagnete aus Seltenen Erden.
Dank der patentierten Innovation des Familienunternehmens aus Ispringen bei Pforzheim kann dies alles über das industrielle Metallspritzgussverfahren bewerkstelligt werden. Und dabei auch noch sehr ressourcenschonend, was angesichts der notwendigen Importe von Seltenen Erden aus China ein wichtiger Faktor ist: Denn während im gängigen Herstellungsverfahren bis zu 50 Prozent Schrott anfällt, reduziert sich bei MIMplus Technologies der Ausschuss bei der Magnetfertigung auf unter fünf Prozent. Der Dreiklang aus weniger Abfall, umweltschonender Wirtschaftlichkeit und „Made in Germany“ macht die Innovation aus Ispringen weltweit interessant. Das Unternehmen registriert Interesse aus ganz Europa, den USA und aus Asien.
MIMplus Technologies GmbH & Co. KG gewinnt den Preis in der Kategorie Mittel- und Großunternehmen
Reduzierung von Treibhausgasen bei Kläranlagen
Die Variolytics GmbH setzte sich in der Kategorie Kleinst- und Kleinunternehmen mit einer Innovation durch, die Kläranlagen ermöglicht, klimaneutral zu werden. Dank intelligenter Mess- und Überwachungstechnik können Energiekosten und Chemikalien eingespart und die Produktion von Treibhausgasen signifikant verringert werden.
„EmiCo“ (Emission Control) nennt das Stuttgarter Start-up seine Systemlösung für Kläranlagen, die aus patentierter Messtechnik und selbst entwickelter Software besteht. Lachgas und Methan, die für mehr als 70 Prozent der gesamten Treibhausgase an einer Kläranlage verantwortlich sind, werden in der Anlage in Echtzeit gemessen, und die Daten werden direkt in eine Cloud gesendet, wo sie mithilfe Künstlicher Intelligenz ausgewertet werden. Die Betreiber der Kläranlagen bekommen anschließend Empfehlungen zur Optimierung ihres Kläranlagenprozesses und der Emissionsreduzierung in der biologischen Stufe. Dies hilft nicht nur bei der Einhaltung der gesetzlichen Umweltauflagen, sondern spart auch Betriebskosten. EmiCo ist weltweit die erste Plattform-Technologie, die Abwasserversorgern eine ganzheitliche Systemlösung zur Prozessoptimierung und Reduzierung von Treibhausgasen anbietet.
Wie wirksam EmiCo ist, zeigt sich an der Kläranlage in Stuttgart-Möhringen: Dort wurde 2024 eine Prozessoptimierung erfolgreich vollzogen. Über eine manuelle Anpassung der Belüftungsintensität konnte eine Reduzierung von rund 1.500 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent (CO2 e) pro Jahr erreicht werden. Außerdem konnte der Energieverbrauch der biologischen Stufe in der Anlage um nahezu ein Viertel gesenkt werden, was zu einer Einsparung bei den Stromkosten von rund 47.000 Euro führt (bei 0,25 Cent/kWh).
Variolytics GmbH gewinnt den Preis in der Kategorie Kleinst- und Kleinunternehmen
Gegen den Wohnungsmangel: Wohn-Module in Ziegel-Massivbauweise
WMM Modulbau nimmt sich als Gewinner in der Kategorie Handwerk der gesellschaftlich wichtigen Frage an: Wie kann nachhaltig und möglichst schnell bezahlbarer Wohnraum entstehen? Die Antwort: mit Wohn-Modulen in Ziegel-Massivbauweise. Dank des weltweit einzigartigen, patentierten Fertigungsverfahrens können in nur zehn Tagen bis zu 1.000 Quadratmeter Wohnraum entstehen – und dies kosteneffizient und mit höchsten energetischen Standards. So werden die berechtigten Interessen von Investoren und auch der späteren Mieter gleichermaßen berücksichtigt.
Das Unternehmen aus Mindelheim vereint dabei die Vorzüge konventioneller Bauweise mit zeitgemäßem Modulbau. Ähnlich wie beim Automobilbau werden die aus massiven Ziegeln hergestellten Module auf einer Fertigungslinie mit fünf Stationen erstellt – inklusive fast des gesamten Innenausbaus. Vom Mauern der Wände, über die Integration der Versorgungsleitungen, die Maßnahmen zur Schallisolierung und das Verlegen der Fußbodenheizung bis hin zur Dämmung, der Elektroinstallation und der Montage der Küche und Möbel wird alles an den einzelnen Stationen von den unterschiedlichen Gewerken vollzogen.
Dies ermöglicht eine stringente und planbare Produktion, beständig gleiche Bedingungen und hohe Zeit- und Kosteneffizienz der handwerklichen Arbeiten. Gegenüber der regulären Bauweise können rund 90 Prozent aller Arbeitszeiten eingespart werden. Unterm Strich kann ein Mehrfamilienhaus innerhalb weniger Tage in der Halle fertiggestellt werden, und auch der Aufbau vor Ort dauert in der Regel nur eine Woche. WMM Modulbau ist im Bereich der Fertigung von Hotelmodulen und insbesondere Mehrfamilienhäuser tätig. Schulen und Kindertagesstätten sind in Planung.
WMM Modulbau GmbH gewinnt den Preis in der Kategorie Handwerk
Namhafte Referenten aus Wirtschaft und Politik
Eingebettet war die Preisverleihung in den von Fernsehjournalistin und Nachrichtenmoderatorin Gundula Gause moderierten VR-Innovations-Kongress der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Unter dem Motto „Antrieb für morgen – Innovation und Mobilität im Fokus des Mittelstands“ beschäftigten sich im Festspielhaus Baden-Baden die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Vertreter der Banken mit Zukunftsstrategien für eine nachhaltige und innovative Mobilität. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie sprach über die Zukunft der Automobilindustrie, und Franz Reiner, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Mobility AG über Trends in Financial & Mobility Services. Der ehemalige luxemburgische Außenminister und Vize-Premierminister Jean Asselborn beschäftigte sich mit dem Thema „Was bewegt Europa und die Welt?“ Und die Finanz- und Wirtschaftsexpertin Sandra Navidi gab einen Impuls zu „Die DNA der USA: Die Transformation Amerikas und die weltweiten Folgen“.